Reibung Es gab mal eine Zeit, als es so an die fünf Minuten dauerte, um der Frage nach Feuer nachzukommen. Man musste einen windstillen Ort aufsuchen, sich ein trockenes Stück Holz unter die Füße klemmen um dann wie wild mit einem runden Stab dort hinein zu bohren, indem man diesen sehr schnell zwischen den Handflächen hin und her drehen lies. Wenn alles gut ging, dann gab das kein Loch, sondern Qualm stieg auf, einige Funken sprühten und der feine "Holzflaum", den man um die "Bohrstelle" gelegt hatte fing Feuer. Total simpel. Macht heute aber kaum noch jemand. Das erstaunliche an der ganzen Geschichte ist aber, daß es diese feuerspeienden Bohrlöcher in jeder Uhr gibt. Es gibt sie über all dort, wo Reibung entsteht, denn Reibung ist das Geheimnis des oben genannten Feuerzeugs. Holz reibt auf Holz und es wird warm. Wenn man geschickt ist, so warm, daß ein Feuer entsteht. Es entsteht, weil Reibung Wärme verursacht und weil Reibung überall dort entsteht, wo sich zwei Kontaktflächen gegeneinander bewegen. In der Uhr z.B. die Radzapfen in ihren Lagern, die Radzähne auf den Triebzähnen, die Paletten der Hemmung gegen die Zähne des Hemmrades, die Windungen der Aufzugfeder gegeneinander u.s.w. Natürlich ist keines dieser "Wärmenester" dazu geeignet, ein Feuer zu entfachen, aber dennoch entsteht dort Wärme. Und in der Uhr bedeutet das, daß Antriebsenergie, bevor sie die Unruh erreicht, umgewandelt wird, oder besser gesagt, verloren geht. Das was da verloren geht, daß könnte man demnach Verlustenergie nennen. Energie Weil (tragbare) Uhren so klein sind und man nicht unendlich viel Energie in diesen kleinen Gebilde speichern kann und weil Reibung oft gleichzusetzen ist mit Abrieb (=Verschleiß), aus diesen Gründen versucht der Uhrmacher die Reibungsverhältnisse in der Uhr zu optimieren, den Anteil der Verlustenergie möglichst klein zu halten. Das hat auch noch den Vorteil, daß "viel" Energie die Unruh erreicht, die Unruh somit schön groß und schnell gemacht werden kann. Große und schnelle Unruhen brauchen zwar mehr Energie als kleine und langsame, sind aber unempfindlicher gegenüber Störeinflüssen und somit genauer. Material Wie aber Reibung minimieren? Einmal über das Material, daß sich reibt. Aber zum reiben gehören immer zwei und daher sprechen wir hier von einer Materialpaarung. In der Uhrmacherei gibt es davon grob gesehen nur zwei. (Gehärteten) Stahl mit Messing und (gehärteten Stahl) mit Stein. Die beiden Paare erzeugen auf alle Fälle so wenig Reibung, daß damit kein Feuer zu entfachen ist. Oberfläche. Das nächste ist die Oberfläche. Je glatter die Oberflächen der Kontaktstellen desto weniger Reibung. Logisch! Öl Gut geschmiert läuft besser. So auch in der Uhr. Hier genügt ein Hauch eines Schmierfilms (Ölfilm) um die Reibung erheblich zu verringern. Also genau das was das Herz begehrt. Die Jahre Aber jetzt geht's los: Öl altert! Öl altert deswegen, weil es seine chemische Zusammensetzung verändert, weil es verunreinigt wird (Abrieb und so), weil es von Bakterien befallen wird und und ... oder es verzieht sich einfach (es kriecht weg). Das bedeutet aber, daß sich die Reibungsverhältnisse dadurch wieder verschlechtern und das bedeutet, das die Unruh weniger Energie abbekommt und das bedeutet, das die Amplitude der Unruh kleiner wird und das bedeutet, das die Unruh empfindlicher gegen Störeinflüsse (Stöße und so) wird und das bedeutet, das die Uhr nicht mehr so genau geht. Ein Unding!Was tun? Predigen, die Uhrmacher predigen schon seit hunderten von Jahren, daß Uhren regelmäßig gereinigt und frisch geölt werden müssen. Dadurch erreicht man, daß das Öl nicht zu alt wird und nur über einen gewisse Zeitraum genutzt wird, in dem es relativ konstante Eigenschaften aufweist. Vor hundert Jahren lag so ein "Wartungsintervall" bei zwei bis drei Jahren und heute vielleicht bei drei bis fünf Jahren. Aber allein der rechtzeitige Ölwechsel reicht bei den ganz genauen Uhren nicht aus. Vor allem die See-Chronometer mussten auf den Gipfel des machbaren getrieben werden, hing doch von ihrer Präzision das Leben der Seeleute ab. Aus diesem Grund wurden Hemmungen erfunden, die kein Öl brauchen. Ein genialer Gedanke, da das Öl an der Hemmung einen der kritischsten Punkte in der ganzen Uhr darstellt. Kritisch, weil durch die Hemmung sehr kleine Kräfte so präzise wie möglich übertragen werden müssen. Eine Chronometerhemmung für's Handgelenk Diese Ölfreien Hemmungen, so genial sie auch sind und so hervoragende Resultate sie in Seechronometern erreichen, konnten ihr Können in tragbaren Uhren jedoch nie richtig zur Geltung bringen, weil sie den "harten Umwelteinflüssen" wie Stößen u.s.w nicht gewachsen waren. Es fehlen einfach einige Eigenschaften, die für tragbare Uhren wichtig sind. So kann die Unruh "durchschwingen", die Hemmung galoppiert. Auch läuft eine Uhr mit Chronometerhemmung nicht von selber an. George Daniels war das anscheinend ein Dorn im Auge, denn er hat eine Hemmung konstruiert, die mehr verspricht. Kein Öl, läuft von selber an, Sicherung gegen das galoppieren, Impuls bei jeder Halbschwingung. Das alles ist so vielversprechend, daß sie mittlerweile serienmäßig in einigen Armbanduhren eingesetzt wird. Wie es mit der Ölfrage aussieht? Die Zeit wird diese Frage mit Sicherheit beantworten. Warten wir doch mal 5 bis 10 Jahre. |